Mit ‘Jagdschloss’ getaggte Beiträge

Geschichte manifestiert sich überall, aber an manchen Orten ganz verdichtet, und damit sind nicht einmal die großen Residenzen oder Staatskanzleien gemeint. Mitunter auch an ganz abseits gelegenen Orten fängt einen dieser Nachhall der Geschichte ein. Mir ging es so zuletzt in Hummelshain, einem kleinen Ort in der Nähe von Kahla (Thüringen).
Der erste Blickfang in dem kleinen Ort ist natürlich das Neue Jagdschloss, dessen 48 Meter hoher Turm von weitem sichtbar ist. Der prächtige Schlossbau entstand 1880-85 als Jagdschloss für den Herzog von Sachsen-Altenburg – und in seiner überreich gestalteten Fassade ist er fast etwas zu großartig ausgefallen – gemessen an der umgebenden Landschaft. Wenn man jedoch liest, dass die Architekten aus Berlin kamen und wohl mehr in großstädtischer Umgebung zuhause waren als im Thüringer Land, wird einiges klar.

Hummelshain Neues Schloss

Hummelshain Neues Schloss

Nach 1918 gelangt das Schloss in den Besitz des Landes Thüringen, das es weiter an den Pößnecker Verleger Karl Vogl verkaufte, der es als Sommersitz nutzte. Während des Zweiten Weltkriegs wird die Geschichte düster. Die Flugzeugwerke REIMAHG (REIchsMArschall Hermann Göring), die am nahen Walpersberg Messerschmidt-Flugzeuge für die Luftwaffe bauen, richten 1944 ein Lazarett in Hummelshain ein. Im Schloss und den damals errichteten Baracken – die bis heute stehen – werden Zwangsarbeiter betreut – unter katastrophalen Umständen. Man liest von 175 Todesfällen.

Hummelshain Baracke

Hummelshain Baracke

Hummelshain Baracke Inneres

Hummelshain Baracke Inneres

Zu DDR-Zeiten dann eine neue Nutzung: Hummelshain wird zum Jugendwerkhof, jener Erziehungseinrichtung, in der „Problem-Jugendliche“ auf Linie gebracht werden sollten. Man nutzte neben dem Schloss auch die bestehenden Baracken und errichtete weitere Neubauten im Park. Sämtliche stehen immer noch als Ruinen auf dem Gelände und ermöglichen – mit der Geschichte im Hinterkopf – einen bedrückende Zeitreise… Das Denkmal, das 1967 von Jugendlichen des Jugendwerks zum Gedenken an die Opfer des Rüstungsbetriebes errichtet wurde steht noch heute und mahnt indirekt auch an die fragwürdige Einrichtung Jugendwerkhof.

Hummelshain Gedenkstein

Hummelshain Gedenkstein

Das Schloss selbst wird derzeit nicht genutzt, und das ist schade, denn das Schloss mit dem umgebenden Park ist eine Sehenswürdigkeit von besonderer Dimension – neben dem höfischen Glanz der Zeit vor 1918 stehen die dunklen Erinnerungen an den Rüstungswahnsinn der Nazis und die Erziehungsmethoden der DDR. Ein Förderverein bemüht sich um das Schloss, dessen Erhaltung sich alles andere als leicht gestaltet: Der – harmlos ausgedrückt – umtriebige Eigentümer ist insolvent und die hochfliegenden Pläne für ein Schulungs- und Kongresszentrum sind wohl endgültig begraben. Mittlerweile haben Notreparaturen am Dach stattgefunden, mehr ist zur Zeit leider nicht umsetzbar. Es bleibt eine echte Herausforderung, diesen vielschichtigen Ort für die Zukunft zu bewahren.