Mit ‘Synagoge’ getaggte Beiträge

Heute geht es in ferne Gefilde, weit abseits der Heimat: eine Tour durchs Baltikum führte neben einem Besuch der Hauptstädte auch aufs Land – und ehrlich gesagt finde ich die Provinz oftmals spannender als die abgesteckten Touristenpfade der Großstädte. Darum also ein Kurzbericht aus Kurkliai, einem 450-Seelen Ort mitten in Litauen.

Der Ort, offiziell sogar eine Stadt, wirkt auf den ersten Blick wie ein Dorf. Ein Dorf wie jedes andere? – ja und nein. Kurkliai war natürlich schon mit Bedacht ausgesucht, es lag am Weg und bot dabei doch eine Besonderheit: hier steht nämlich eine der wenigen erhaltenen hölzernen Synagogen Litauens.

Bilder im Internet zeigten einen Bau, der auf den ersten Blick wie eine Scheune wirkt, auf den zweiten Blick aber deutliche Eigentümlichkeiten aufweist: einen niedrigen Eckturm, die Umrisse von – zugenagelten – eigenartig spitzgiebeligen Fenstern. Als Erbauungszeit liest man 1932. Wüsste man nicht, dass dieser unscheinbare Bau eine Synagoge war, man würde ins Grübeln kommen.

Von den Bildern ausgehend habe ich dann den Ort auf Kartendiensten überflogen und angesichts der geringen Größe des Ortes auch relativ schnell den Standort ausfindig gemacht, an einer Wegkreuzung am Dorfrand steht sie, gar nicht mal so versteckt.

Kurkliai Synagoge

Kurkliai Synagoge

Man steht auf merkwürdig beeindruckte Weise davor, vor dem Hintergrund des eigenen – in meinem Fall bescheidenen – Wissens um jüdische Traditionen, und weil man sich zudem jüdisches Leben auf dem Dorf noch schwieriger vorstellen kann als in der Stadt. Die einzige Hinterlassenschaft dieser Tradition: ein Bau, der nach dem Krieg als Scheune genutzt wurde – man erkennt die Stelle wo ein Scheunentor die früheren Fenster durchbricht – und heute leer steht.

Kurkliai Synagoge 2

Kurkliai Synagoge 2

War einer der bewegendsten Momente der Reise – die Synagoge zu umrunden und durch die Spalten in den Bretter zu linsen, dabei die idyllische Lage an einem Bach wahrnehmend,. lauter kleine ebenerdige Häuser stehen da in der Nähe, ein Hund kläfft dazu. Hinter den Fenstern sicher neugierige Anwohner – da kommen wieder welche und fotografieren die alte Synagoge…

Kurkliai Dorfhäuser

Kurkliai Dorfhäuser

In der Mitte von Kurkliai selbst steht übrigens ein weiteres hölzernes Gotteshaus – eine katholische Kirche mit freistehendem Glockenturm (1874), auch ein nicht uninteressantes Baudenkmal. Vor der Kirche ein sowjetischer Soldatenfriedhof mit der Statue eines Rotarmisten. Insgesamt also schon beachtlich, wie vielschichtig sich die Geschichte hier am Land manifestiert: Kirche, Synagoge, Sowjetsoldat- alles hat Zeichen gesetzt und Spuren hinterlassen. Die Zeichen zu lesen und die Spuren zu deuten, dazu sind sie da.

Kurkliai Kirche und Soldatenfriedhof

Kurkliai Kirche und Soldatenfriedhof